By Beate Feyerabend on Freitag, 24. März 2017
Category: Eigene Projekte und Kooperationen

Projekt: Film AG

Ein Beispiel aus der Praxis: Die Film AG in der Viktor-Frankl-Schule

Im Schuljahr 2016/17 fand in der Viktor-Frankl-Schule eine Film-AG statt. Diese Film-AG war eine Kooperation zwischen der Viktor-Frankl-Schule, der Kita Fritz-Tarnow-Straße der Stadt Frankfurt am Main und dem Medienzentrum Frankfurt.
Katharina Blum, Katharina Blum, Erzieherin an der Viktor-Frankl-Schule und Theaterpädagogin, hat diese Film-AG als Kooperationsprojekt geplant und zusammen mit Enrico …, Erzieher der Hortgruppe der Kita Fritz-Tarnow-Straße, und Beate Feyerabend, Medienpädagogin im Medienzentrum Frankfurt, in den Räumen der Viktor-Frankl-Schule durchgeführt.
Jeweils mittwochs von 13:40-15:00 Uhr traf sich die Gruppe im Mehrzweckraum oder Computerraum der Viktor-Frankl-Schule. Die Gruppe bestand aus 12 Schülerinnen und Schülern, davon 6 aus der Viktor-Frankl-Schule (5 Jungen und 1 Mädchen im Alter von 14-18 Jahren) und 6 Schülerinnen und Schüler (5 Jungen und 1 Mädchen im Alter von 12 und 13 Jahren) aus der Hortgruppe der benachbarten Kita.
Die Viktor-Frankl-Schule ist eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung. Die Schülerinnen und Schüler der Hortgruppe besuchen benachbarte Schulen im Stadtteil Dornbusch.
Die Film-AG wurde darüber hinaus noch von Praktikantinnen und Praktikanten sowie jungen Menschen, die ihr freiwilliges soziales Jahr in der Viktor-Frankl-Schule absolvieren, begleitet und unterstützt.
Filme und digitale Medien sind für alle Kinder und Jugendlichen interessant. Der Umgang mit diesen Medien verbindet Kinder und Jugendliche unabhängig von ihrer sozialen, kulturellen und persönlichen Situation und Herkunft. Die Gruppe der Film-AG hat diese Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Schülerinnen und Schüler in ihrer ganzen Bandbreite widergespiegelt (Alter, Geschlecht, soziale Herkunft, Fähigkeiten und Fertigkeiten, aber auch ganz unterschiedliche Einschränkungen vor allem körperlicher Art).
Nach einer kurzen Kennenlernphase, in der sich sowohl die Schülerinnen und Schüler, als auch die begleitenden Pädagogen einander in spielerischer Weise vorstellten, war sehr bald eine aufmerksame und freudig-neugierige Atmosphäre geschaffen, um die Produktion eines Films gemeinsam anzugehen.
Die Ziele wurden von den Schülerinnen und Schüler erst einmal hoch gesteckt: Ein Pokémon-Film sollte gedreht werden! Sich gemächlich einem eigenen Filmthema zu nähern, ohne dabei den Wunsch der Kinder und Jugendlichen vom Tisch zu fegen, sondern ihn einfach erst einmal so stehen zu lassen und das Thema Medien und Film aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten, war nun Aufgabe der Pädagoginnen und Pädagogen.
Was sind Medien eigentlich? Diese Frage stand am Anfang der Film AG. Kurz wurde auf die Vielfalt der Medien eingegangen: das Buch, die Zeitung, das Plakat, Radio, Fernsehen, Playstation bis hin zur Fotografie und zum Film, zuerst auf Zelluloid, später dann auf Videoband und DVD. Mobile Endgeräte wie Smartphone oder I-Pad, die alle Möglichkeiten von Information und Kommunikation bündeln und darüber hinaus auch den eigenen kreativen Einsatz möglich machen, sind die neueste Generation von digitalen Medien, mit denen die Jugendlichen zu tun haben.
Das I-Pad sollte daher in dieser Film-AG als Kamera und Schnittplatz genutzt werden. Die Schülerinnen und Schüler haben mit einem I-Pad ein technisches Gerät, das ihren eigenen mobilen Endgeräten sehr nahe kommt, aber auch gerade im schulischen Raum, durch die Ausleihmöglichkeit in den Medienzentren, eine gleiche technische Ausgangssituation für alle schafft.
Das I-Pad als Aufnahmegerät auszuprobieren und selbst kleine Interviewfilme zu drehen, war ein nächster Schritt in der Film-AG. Die Schülerinnen und Schüler konnten sich hierbei sowohl die Aufnahmetechnik als auch die Inszenierung einer kleinen Filmsequenz selbständig aneignen. Mit großem Interesse und viel Hallo und Gelächter wurden dann die Ergebnisse gemeinsam angeschaut und kritisch beleuchtet.
Was unterscheidet eine Geschichte in einem Buch von einer Geschichte im Film? Dieser Frage gingen die Kinder und Jugendlichen in den nächsten Stunden nach. Das Vorlesen einer Geschichte aus einem Bilderbuch und das gemeinsamen Erzählen der Bilder, die jeder und jede Einzelne gesehen hatte, die Betrachtung der Bilder, die in dem Bilderbuch zu der Geschichte gezeichnet worden waren, und der Film, den es zu diesem Bilderbuch gibt, waren die einzelnen Schritte an dieser Stelle des Projektes. Dabei konnten die Schülerinnen und Schüler selbst erfahren, wie unterschiedlich sie die verschiedenen Zugänge zu einer Geschichte wahrgenommen hatten.
Zusammen Filme schauen und darüber sprechen ist ein unterhaltsamer und wichtiger Punkt in einer Film-AG. Die Schülerinnen und Schüler schauten mit den Pädagoginnen und Pädagogen, den Praktikantinnen und Praktikanten Preisträgerfilme der visionale, eines Kinder- und Jugendfilmfestivals in Frankfurt, aus den letzten Jahren an. Die Filme sind in Alterskategorien eingeteilt, und so konnten, dem Altersdurchschnitt der Gruppe angemessen, die Filme der 0-11 und 12-15-jährigen Filmemacherinnen und Filmemachern angeschaut werden. Dabei sind nicht nur die Filme und ihre Geschichten, die von Gleichaltrigen gemacht wurden, interessant, sondern es konnten auch die unterschiedlichen Genres und Techniken betrachtet und analysiert werden.
Kurzfilme mit einer Spieldauer von maximal 20 Minuten, meistens zwischen 3 und 10 Minuten Länge, die von Kindern und Jugendlichen gemacht wurden, eigenen sich hervorragend, um über eine Reihe von Vorgaben für den eigenen Film nachzudenken: die Geschichte für einen Film, das Genre und die Technik z.B. als Spielfilm, Legetrick, Knetanimation oder auch eine Mischung verschiedener Techniken. Am Ende der Sichtung und den lebhaften Gesprächen über die Filme stand dann der wichtige Satz: „Puhh, ich glaube, wir machen keinen Pokémon-Film. Das ist ja voll viel Arbeit! Soviel Zeit haben wir ja gar nicht."
In den folgenden Stunden haben alle zusammen dann über das Genre entschieden und die Geschichte des Films entwickelt. Die Aufgaben und Rollenverteilung, die Entscheidungen über die Drehorte und die verschiedenen Aufnahmetechniken – wie z.B. Szenen als Schattenspiel, Außenaufnahmen oder Auswahl der Räume – ergaben sich dann Stück für Stück aus den Details der Geschichte. Auch wenn das zum Teil eher „trockene Arbeit" am Tisch war, waren doch alle mit viel Konzentration und guten Ideen bei der Sache. Als die Geschichte dann soweit entwickelt und alle zu dem Zeitpunkt möglichen Entscheidungen getroffen waren, spielten die Schülerinnen und Schüler die Szenen einzeln durch, ohne Requisiten und ohne Kamera. Dabei fanden sie immer wieder Stellen, an denen noch gearbeitet werden musste, um die Umsetzung so leicht wie möglich zu gestalten.
Die Gruppe konnte das Schulgelände der Viktor-Frankl-Schule nicht verlassen, so dass, bis auf eine Szene die von den Hortkindern in einem nahegelegenen Park gedreht wurde, alle Szenen auf dem Schulgelände und in den Räumen realisiert wurden.
Die Filmaufnahmen waren zum Ende der Film-AG dann der abwechslungsreichste Teil nach intensiven Vorarbeiten. Die Kinder und Jugendlichen nahmen ihre Rollen und Aufgaben ernst und gaben ihr Bestes um einen spannenden, aber auch in einigen Teilen sehr komischen Film zu drehen. Immer wieder wurden die Aufnahmen angeschaut und manchmal auch mehrfach wiederholt, weil nicht alles zur allgemeinen Zufriedenheit ausgefallen war. Geduld und Konzentration waren da gefragt, und wenn es mal gar nicht weitergehen wollte, wurde einfach eine Pause eingelegt und eine Runde draußen gespielt. Sich nicht unter Zeitdruck zu setzen und darauf zu vertrauen, dass alle Szenen in der zur Verfügung stehenden Zeit gedreht werden können, war für alle Beteiligten immer wieder ganz wichtig.
Die Sichtung der Aufnahmen und die Auswahl des Materials, das für den Schnitt verwendet werden sollte, war dann für alle ein ganz spannendes Ereignis. Die Begeisterung über das eigene Filmwerk war einhellig.
Den Filmschnitt haben die Schülerinnen und Schüler der Hortgruppe mit ihrem Erzieher im Anschluss an die Film-AG durchgeführt.


Ablauf der Film-AG – Zu den einzelnen Stunden gehören immer eine Einleitung und Abschluss

Kennenlernen in der Gruppe – Warum die Film-AG? – Wir wollen einen Pokémon-Film!

Einführung in den Begriff „Medien" (2 Stunden)
Sammeln von Medien:
• Zeitung, Plakat, Buch, Film, Video, DVD, Kamera, I-Pad etc.
• Andere Medien wie Radio, Fernseher etc. mit Bildern auf Vorlagen
• Welche Medien kennen und verwenden wir?
• Beschreiben der Medien, die die Kinder und auch die Erwachsenen nutzen und haben oder haben wollen
• Einführung in die Nutzung des I-Pads mit kleinen Interviewfilmen
• Jakob kann fliegen – vom Bilderbuch zum Film
• Computerspiele spielen im PC-Raum

Gemeinsam Filme anschauen: (2 Stunden)
• Marlons Eisenbahnfilm
• Preisträgerfilme 0-12 Jahre aus den letzten Jahren visionale

Wir machen einen Film (3 Stunden)
• Genre des Films?
• Wie geht die Geschichte des Films?
• Entwickeln eines Drehbuchs
• Entwicklung der Rollen
• Überlegungen zur Ausstattung und Drehorten
• Spielen der Geschichte des Films

Filmdreh (5 Stunden)
• Entscheidungen zur Zusammenfassung von Drehterminen, Filmszenen und Drehorten
• Sichtung des Filmmaterials und Auswahl der Filmszenen
• Abschlussstunde
• Filmschnitt/Fertigstellung des Films

Von der Planung zum Film – Erkenntnisse aus der Film-AG

Dem Angebot einer Film-AG an der Viktor-Frankl-Schule in Kooperation mit der Hortgruppe der Kita Fritz-Tarnow-Straße und dem Medienzentrum Frankfurt ging die Überlegung voraus, eine Gruppe zu gründen und zu befähigen, die in der Lage sein könnte, Theateraufführungen in der Viktor-Frankl-Schule filmisch zu dokumentieren. Dies ist ein Wunsch, der häufig sowohl von Theaterpädagoginnen und Theaterpädagogen als auch von den Schülerinnen und Schülern, die an einem Theaterprojekt mitwirken, geäußert wird. Als Erinnerung für die Mitwirkenden und ihre Eltern, aber auch als Dokumentation der Theaterstücke, die an einer Schule aufgeführt wurden. Das Abfilmen eines Theaterstückes mit einer Kamera, die statisch das Geschehen auf der Bühne festhält, ist jedoch kein Film im eigentlichen Sinne, sondern kann vor allem im Nachhinein der reflektierenden Betrachtung der Aufführung für die Mitwirkenden dienen.

Wir wollen einen Film produzieren! Das wurde für die Mitwirkenden bei der Film-AG als gemeinsames Ziel in der ersten Stunde formuliert. Der Weg dahin über die im Ablauf beschriebenen Stationen lag bereits in Erfahrungen mit anderen medienpädagogischen Projekten an Schulen vor. Die konkrete Umsetzung mit den Schülerinnen und Schülern und ihren pädagogischen Begleiterinnen und Begleitern ergab sich während der Projektzeit von Stunde zu Stunde. Dabei spielten die Ideen und Umsetzungen der in den jeweiligen Stunden angedachten Themen durch die Schülerinnen und Schüler eine entscheidende Rolle. Die Herausforderung für die Pädagoginnen und Pädagogen war, sich immer wieder dem Tempo und den Interessen der Kinder und Jugendlichen anzupassen und wahrzunehmen, was im gemeinsamen Interesse der nächste Schritt sein konnte.

Die Pädagoginnen und Pädagogen waren immer wieder beeindruckt vom festen Willen der Schülerinnen und Schüler, das Ziel, selbständig einen Film zu machen nicht aus den Augen zu verlieren, auch über Stunden hinweg, die mit eher „trockenem" und „langweiligem" Arbeiten am Tisch gefüllt waren. Die Schülerinnen und Schüler zeigten eine große Bereitschaft, die Hilfestellungen der Pädagoginnen und Pädagogen anzunehmen, auch wenn sie selbst allzu gerne sofort mit den Filmaufnahmen begonnen hätten. Bemerkenswert war die soziale und emotionale Kompetenz aller Schülerinnen und Schüler, auch die Bereitschaft, sich auf die Anforderungen der aktuellen Stunde einzulassen und im Konfliktfall mit der Unterstützung der Pädagoginnen und Pädagogen einen konstruktiven Weg der Zusammenarbeit und Weiterentwicklung des Projektes zu finden.

Fazit

Ein medienpädagogisches Projekt, das wie die Film AG über mehrere Monate Zeit für Entwicklungen lässt und damit Möglichkeiten schafft, auch mal etwas ganz anderes zu tun, wie z. B. draußen zu spielen oder gemeinsam Kuchen zu essen, bietet Raum für die langsame Entfaltung der Ideen und genügend Zeit, das gemeinsam Erarbeitete auch praktisch umzusetzen.
Die vielfältigen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler und die fachlichen Kompetenzen der Pädagoginnen und Pädagogen, die sich in der Teamarbeit produktiv ergänzt haben, machte eine für alle interessante, lehrreiche und unterhaltsame Erfahrung möglich.

Katharina Blum, Erzieherin an der Viktor-Frankl-Schule und Theaterpädagogin
Beate Feyerabend, Medienpädagogin Medienzentrum Frankfurt

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